Nachruf Erich Wahl - August 2014

Unsern Ausgang segne Gott
Dieses Lied wurde früher am Schluss des Gottesdienstes gesungen. Es war das erste Lied, das Erich Wahl an der Orgel gelernt hat.
Als wir 1963 nach Eddigehausen und Reyershausen kamen, hatte Erich Wahl gerade das Organistenamt übernommen. In die Kunst des Orgelspiels hatten Gisela Vollmar (seine Vorgän-gerin) und Christa Müller (Organistin in Göttingen) ihn eingeführt. Ich bekam von ihm eine Liste der Melodien, die er spielen konnte. Diese Liste erweiterte sich von Woche zu Woche: Erich Wahl übte fleißig! Bereits 1964 durfte ich die Liste „vergessen“. Ihm war nun jedes Lied recht, wenn er denn bis spätestens Donnerstag Nachricht bekam. Auch das Repertoire der Vor- und Nachspiele erweiterte sich. Erich Wahl war mit Leib und Seele bei der Sache „Gottesdienst“! Bei der Renovierung der Kirche in Eddigehausen 1969 musste die vom Holzwurm befallene alte Orgel abgebaut werden. Es gab eine lange Durststrecke, in der Erich Wahl auf harte Geduldsproben gestellt wurde. Wir behalfen uns mit einer kleinen elektronischen Orgel, die in einer Annonce angeboten wurde und die wir beide im Auto aus einem Haus in Stockhausen abholten. 1973 – endlich! – konnten wir eine neue Orgel anschaffen – für Erich Wahl ein Ansporn, weiterzumachen. Als gelernter Orgelbauer hat er uns auch man-che Kosten für Reparaturen erspart!
Sonntag für Sonntag fuhren wir mit dem Auto über den Berg nach Reyershausen. Das war oft aufregend. Ich hatte eben erst den Führerschein gemacht, die Straße war damals noch schmal und kurvig – und im Winter oft glatt. Häufig mussten wir den Weg durchs Rodetal nehmen! Solche Erlebnisse haben uns auf besondere Weise verbunden!
Erich Wahl hat mit seinem Orgelspiel nicht nur die Gottesdienste bereichert. Er spielte auch bei Hochzeiten und begleitete die Trauergottesdienste. Außerdem war er ein zuverlässiger Basssänger im Chor und war bei musikalischen Veranstaltungen auch mit seiner Geige zur Stelle.
Seine Begabungen waren vielfältig: Viele Familien besitzen eine von ihm geschnitzte Weihnachts-Krippe. In der Kirche zeugen das Kirchenfenster, die Leuchter und das Kreuz von seiner Kunst. Auf meinem Schrank steht ein Hirte (lateinisch „pastor“) mit Hund (wer ist der Hund?) – ein für ihn typi-sches Geburtstags-Geschenk! Er hat unzählige Bilder gemalt, in Öl- oder Pastellfarben – die größten an den Wänden von Kurzes Gartenhaus!
Als wir im Januar 1999 seinen Abschied begingen, konnten wir ihm für die in über 35 Jahren geleistete Arbeit nur von Herzen danken. Damals feierte er seine 70. Geburtstag.
Am 29. Mai 2014 ist er im Alter von 85 Jahren gestorben. Mein letzter Besuch bei ihm im Krankenhaus am 14. Mai bleibt unvergessen. Uns verband eine besondere Freundschaft. Mit der dankbaren Erinnerung verbinden wir unsere Hoffnung auf Trost für die Familie, die ihm viel bedeutete und die ihn in den letzten Jahren der Krankheit begleitet hat. Mit allen, die um ihn trauern, teilen wir die Hoffnung: Unsern Ausgang segne Gott!      

Wilhelm Buitkamp
bis 1999 Pastor in Eddigehausen

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