Bericht unseres Gemeindeglieds Lara Busch aus Ghana

Cape Coast, 31.10.2012

Liebe Eddigehäuser, liebe Unterstützerinnen und liebe Unterstützer,

gut zweieinhalb Monate bin ich nun in Ghana und mache dort meinen Freiwilligendienst in der Baobab Children Foundation… zweieinhalb Monate, die für mich rasend schnell vergingen. Während dieser Zeit habe ich mich gut einleben können und schon viel er­lebt.
Ich möchte euch mit diesem und durch die kommenden Berichte gerne an meinem Jahr in Ghana teilhaben lassen, da ihr mich in vielerlei  Hinsicht unterstützt.
In diesem Bericht werdet ihr mehr über das Projekt, in dem ich arbeite, meine Aufgaben und Eindrücke  sowie Erlebnisse erfahren. Zunächst zur Beschreibung des Projektes.
Die Baobab Children  Foundation, die 2001 von einer Deutschen gegründet wurde, be­steht aus zwei Einrichtungen: dem „Baobab Haus“, in Cape Coast, an der Küste gelegen und dem Zentrum auf dem Land mit der „Baobab School for Traditional Arts“.

Das „Zentrum"
Das Zentrum mit der Schule liegt 20 km weiter westlich nahe des kleinen Dorfes  Kissi. 70 Kinder zwischen 5 und 19 Jahren gehen dort zur Schule und wohnen die ganze Wo­che über dort. Sie kommen aus einfachsten und teilweise schwierigen Verhältnissen. Manche von ihnen haben Polio oder Muskeldystrophie. Die Familien der Kinder haben nicht genug Geld,  um die Schule und laufenden Kosten tragen zu können. Diese Kosten werden sowohl durch Spenden an Baobab als auch durch persönliche Spenden für die Kinder übernommen.
Im Zentrum bekommen die Kinder eine schulische Ausbildung. Nach der Schule nehmen die Kinder an Workshops teil,  wie z.B. Kenteweben, Batiken, Möbelbau aus Cane und Bamboo, Nähen sowie künstlerisches Gestalten. Einmal im Monat gibt es eine Work­shopweek, in der die Kinder auch während der eigentlichen Schulzeit in den jeweiligen Workshops arbeiten. Eine kleinere Gruppe hat die Möglichkeit während dieser Woche in eine Töpferei zu fahren, um dort richtig Töpfern zu lernen.
An einem Tag in der Woche übt die „Culture Troup“, ein weiterer Bestandteil  Baobabs, im Zentrum. Eine Gruppe aus Schülern und Kindern aus dem Dorf, die sich im Zentrum treffen und gemeinsam trommeln, tanzen und singen.

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Neben der Schule und der Culture Troup gibt es im Zentrum eine „organic farm“ mit ei­nem kleinen Medizingarten und einer Pilzzucht. Das Gemüse, welches dort angebaut wird, gelangt teilweise in die Zentrumsküche zur Versorgung der Schüler und größten­teils in das „Baobab Vegetarian Moringa Restaurant“ in Cape Coast, das wie der Shop und das Gästehaus zu dem Baobab Haus gehört.

Das „Baobab Haus“
In dem Shop werden die handwerklichen Erzeugnisse, wie Batik, Kenteweberei, recy­celte Taschen und Portemonnaies, Möbel sowie Malereien, die im Zentrum produziert wurden, verkauft. Zudem kann man in dem Shop Armbänder, Kunstpostkarten, Töpfe­reien, selbstgeschneiderte Kleidungsstücke von unserer Näherin, Honig und Kosmetik, sowie selbstgemachte Sheabutter kaufen. Fast alles ist somit selbst hergestellt oder made in Ghana. In der Woche kommen einige Schüler für einen Tag in das Baobab Haus und lernen dort mehr über Catering, Buchführung, Kochen und wie mit den Gästen auf Englisch umzuge­hen ist.
Das Konzept des Baobab Hauses  lautet: „you eat, you buy, you sleep, you support Baobab School“. Ziel dieses Konzeptes ist, dass durch das Gästehaus, den Shop und das Restaurant Baobab selbst Geld einzunehmen, um das ganze Projekt oder eher gesagt die Schule in Zukunft selbst und unabhängig von Spenden finanzieren zu können.
Die Schüler nehmen nach ihrer schulischen Ausbildung viele praktische Erfahrungen mit und sollen so einen leichteren Einstieg in das Berufsleben finden, indem sie ihre Erfah­rungen und das Wissen, dass sie in den Workshops erworben haben, einsetzen.
Daher ist es das Ziel, das Projekt eines Tages komplett in ghanaische Hände zu geben.

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Ich denke, dass ihr nun eine bessere Vorstellung von meinem Projekt bekommen konn­tet. Im Folgenden möchte ich euch mehr über meine dortigen Aufgaben erzählen.
Für das erste halbe Jahr ist geplant, dass ich die meiste Arbeitszeit im Zentrum mit den Kindern zusammen bin. Ich wohne dort direkt hinter dem Mädchenhostel  in einem kleinen Häuschen. Eine weitere Freiwillige von dreien wohnt in einer Gastfamilie nahe des Zentrums in einem kleinen Dorf namens Kissi. Sie ist wie ich die meiste Zeit im Zentrum.
Mein Tag im Zentrum beginnt mit dem Gebimmel der Frühstücksglocke gegen 07:30 Uhr und einem gemeinsamen Frühstück zusammen mit den Schülern...dann gibt es Porridge verschiedenster Art. Anschließend bringe ich die beiden jüngsten Mädchen im Alter von 4 und 9 Jahren zu einer externen Schule nach Kissi. Dieser Schulbesuch wird von Baobab unterstützt und möglich gemacht.
Während des Unterrichts im Zentrum helfe ich auf der Farm oder schaue, was sonst zu erledigen ist. Irgendwelche organisatorischen Dingen, die anstehen und nicht in Gang kommen,  gilt es oft hinterher zu schauen. Nach dem Unterricht, der um 11:00 Uhr en­det, gehe ich meistens mit den Kindern zusammen in ihre praktischen Workshops. Wäh­rend ihrer Arbeit lerne ich von ihnen, wie z.B. Recyclingtaschen genäht, Regale gebaut oder Armreifen aus Cane geflochten werden.
Um 15:00 Uhr enden die Workshops und die Kinder haben Freizeit, in der sie Volleyball oder Fußball spielen oder z.B. Trommel- und Tanzunterricht bekommen. In naher Zu­kunft werden wir Freiwilligen Nachhilfeunterricht nach der Schule anbieten, da die Kin­der beim Lesen und überhaupt beim Verstehen der Hausaufgaben unterstützt werden müssen.
Einmal täglich machen wir zusammen mit den Kindern, die Muskeldystrophie haben, Übungen zum Muskelaufbau. Dazu laufen wir an einem Geländer, legen Hindernispar­cours und machen Atemübungen. Wir haben immer sehr viel Spaß zusammen und nach den Übungen ist es für sie leichter, weitere Strecken ohne Pausen zu laufen.
Relativ früh, um 17:30 Uhr wird zu Abend gegessen. Anschließend sitzen Mädels und Jungs oft getrennt zusammen, singen, tanzen oder spielen Karten. Ich lese oft mit ein paar Kindern deutsche Bücher, spiele Klatschspiele oder bekomme ausgedachte Ge­schichten erzählt.

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Am Wochenende wird am Morgen viel aufgeräumt und gesäubert. Nachmittags bleibt viel Zeit für Kreatives…dann wird Gummitwist gespielt, mit Kreide gemalt, Fante, die Regionalsprache und Deutsch unterrichtet oder wir machen gemeinsam Armbänder für den Shop. Hin- und wieder gibt es so viel Salat auf der Farm, sodass wir einen riesen Salat für alle Kinder gemeinsam zubereiten. 
Sonntags morgens um 5:30 Uhr biete ich für die Kinder, die Lust haben, Joggen zu gehen an. Für die kommende Zeit ist geplant, dass ich zweimal in der Woche Volleyballtraining für die Mädchen anbiete und am Wochenende die Kinder mit Spielen etwas Bewegung finden.

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Zwei Schichten, die jeweils 6 ½ Stunden dauern, arbeite ich im Baobab Haus im Shop in Cape Coast. So bekomme ich einen näheren Eindruck sowohl vom ländlichen als auchVom städtischen Leben hier in Ghana.
Während meiner Schichten im Shop, nehme ich Reservierungen für das Gästehaus ent­gegen. Außerdem ist es meine Aufgabe im Restaurant zu schauen, dass genügend Säfte und sonstige Lebensmittel  vorhanden sind. Dazu kommt, dass ich die dortigen Einnah­men mit den Rechnungen vergleiche, ob alles übereinstimmt. Hin und wieder muss der Gasmann oder Elektriker angerufen werden, wenn wieder mal eine Glühbirne kaputt ist oder der Ventilator nicht funktioniert.
Im Shop selbst müssen Labels auf die ankommenden Produkte geklebt werden und Fehlende gekauft werden.
Im Baobab Shop sind meine Aufgaben sehr vielfältig. Man hilft einfach dort, wo gerade Hilfe benötigt wird oder wo etwas nicht funktioniert.

Meine persönlichen Eindrücke
Nach einer näheren Vorstellung meines Projektes und meinen dortigen Aufgaben, möchte ich euch gerne ein paar persönliche Eindrücke aus Ghana geben. Diese Eindrücke sind nur ein kleiner Bruchteil von dem, was ich hier erlebe und aus meiner persönlichen Sicht wahrgenommen. Sie sind demnach nicht für ganz Ghana allgemein­gültig, denn jeder nimmt das hier Erlebte anders war. 
Ich persönlich habe mich sehr gut in Ghana eingelebt, sodass mir Vieles hier schon völlig normal erscheint, wie z.B. die Ziegen, die überall herum laufen, die Frauen, die allerlei Dinge wie Obst, Essen, Nähmaschinen etc. auf dem Kopf tragen und auf dem Rücken ihr Kind.
Dadurch, dass ich in der Stadt als auch auf dem Land arbeite, erlebe ich eine große Viel­falt des Lebens hier in Ghana. Sowohl in der Stadt als auch auf dem Land spielt sich sehr viel auf der Straße ab.
In der Stadt ist von überall Musik zu hören…hinzukommen die hupenden Autos. Es gibt große Märkte mit unterschiedlichsten Ständen, an denen man einfach alles bekommt. Sowohl in der Stadt als auch auf dem Land gibt es offene Abwasserkanäle.
Auf dem Land erlebe ich sehr Vieles anders als in der Stadt. Hier verläuft vieles ohne Hektik und lautem Durcheinander, sondern mit Ruhe und Gelassenheit. Die Frauen ver­dienen ihr Geld damit, dass sie hinter ihren kleinen Straßenständen stehen, Essen, Obst und Getränke verkaufen.
Ich genieße es immer sehr, wenn ich nach meinen Schichten im Shop wieder in das Zentrum aufs Land fahre. Dann laufe ich durch Kissi, sehe große und kleine Kinder um­herlaufen und spielen und die Frauen hinter ihren Ständen oder vor ihren Lehmhütten, die mir ein Lächeln schenken und sich nach meinem Wohl erkundigen. Die Kinder kom­men gerne auf einen zugelaufen, rufen „Obruni“, welches Weißer bedeutet und fragen nach meinem Namen und wie es mir geht. In Ghana ist es üblich, einen zweiten Namen zu haben, der sich aus dem jeweiligen Wochentag, an dem man geboren ist, ergibt.
Eine einzigartige Atmosphäre strahlt Kissi am Abend aus. Dann flackern die Petroleum­lampen an den Straßenständen und die Menschen lassen sich durch Kissi treiben.
Ghanas Küste ist wunderschön…lange Sandstrände mit Palmen und Fischerdörfern, in denen die Menschen ihr Geld durch die Fischerei verdienen.

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Eine ghanaische Spezialität ist „Fufu“, ein Kloß aus Kassawa und Kochbananen, der un­gefähr eine Stunde lang per Hand gestampft wird. Dazu gibt es eine Suppe aus Palmnuts oder Erdnüssen mit Fisch oder Fleisch. Eine weitere Spezialität ist „Banku“, ebenfalls ein Kloß, der jedoch nicht gestampft wird und aus Mais besteht. Er schmeckt leicht säuer­lich…dazu gibt es auch eine Sauce. Ansonsten wird hier sehr viel Essen frittiert.
Ich mag die Art der Ghanaer sehr. Sie sind aufgeschlossen, wie ich bisher erleben konnte. Andauernd wird man auf der Straße nett angesprochen und wenn man sich mal nicht gut zurechtfindet, wird man nie im Stich gelassen. Wenn ich ein paar Bruchstücke Fante rede, freuen sie sich besonders.
Sehr beeindruckend finde ich die Selbstständigkeit und Fleißigkeit der Schüler im Zentrum. Sie stehen morgens um 5:30 Uhr auf, fegen, putzen , schneiden Büsche oder fällen Bäume. Oft wollen sie für mich Arbeiten erledigen, wie z.B. einen Eimer tragen o.Ä. Ich lehne dies immer ab, schließlich wohne ich genau wie sie in dem Zentrum und möchte gleichbehandelt werden.
Der Grund,  warum sie so hilfsbereit und auch schon so früh selbstständig sind ist, dass in Ghana die jüngere für die ältere Generation sorgt. Die Kinder wissen alle, wie man kocht, schneiden sich gegenseitig die Haare, waschen selbst ihre Wäsche und ihr Ge­schirr, ohne dass es ihnen irgendjemand sagt. Sie haben einen guten Umgang miteinan­der, spielen oft zusammen Karten und sitzen auch sonst oft unabhängig vom Alter bei­sammen. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich sie so beobachte und die Harmonie untereinander sehe. 
Bevor ich zum Ende meines Berichtes komme, möchte ich euch noch eine ghanaische Weisheit mit auf den Weg geben, die ich sehr passend fand. 
„Die Europäer haben die Uhr, wir haben die Zeit“.
Damit ihr euch etwas mehr unter dieser Weisheit vorstellen könnt, nenne ich ein paar Beispiele, die dazu passen.
In Ghana habe ich es bisher nicht erlebt, dass die Trotros(Kleinbusse) nach Fahrplan fahren. Es wird gefahren, wenn das Trotro voll mit Menschen ist. Es kann dann auch mal vorkommen, dass in einem Bus mit 10 Sitzen 15 Leute Platz finden.
Wenn man z.B. Einkaufen geht oder ich vom Zentrum in den Shop fahre, sagt man „I am coming“. Dies kann bedeuten, dass man in zwei oder drei Stunden, morgen oder sogar erst in einer Woche wieder zurückkommt. Die Kirche beginnt um 09:00 Uhr und endet um 11:00 Uhr, doch so ernst darf man die Zeiten jedoch nicht nehmen, denn es kommt vor, dass die Kirche erst um 10:00 Uhr be­ginnt und um 13:00 Uhr endet. Gegessen wird im Zentrum, wenn die Glocke läutet. Wenn es regnet, fällt auch mal die Schule aus oder die Lehrer kommen später zum Unterrichten.
Ich persönlich genieße diese Zeitlosigkeit hier in Ghana. Man geht alles viel entspannter an und wie ich sehe, funktioniert es auch ohne Zeitdruck und Stress. 
So, das war es erst einmal von meiner Seite aus Ghana. Ich hoffe, dass ich euch einen etwas lebendigen  Eindruck von meiner Arbeit und meinem Umfeld geben konnte.

Seid herzlich gegrüßt aus dem immer wärmer werdenden Ghana zum winterlich wer­denden Deutschland.

Eure Lara

Anbei der Rundbrief für November von meinem Projekt. 
RUNDBRIEF NOVEMBER 2012

Liebe Freunde und Unterstützer,
unser neuer Newsletter vom November beschreibt Themen:

1.
Workshop zum Start des Inklusionsprogramms
2. Training mit Mr. Godfred Tey
3.
Kurz berichtet
4. Deckung der laufenden Kosten von 8.000,- Euro im Monat für. ...
5.Schülerinnen und Schüler helfen mit
6. Weihnachtsspendenaufruf
7. Wir helfen - Dank ihrer Spenden!
8. Kontakte und Hinweise

http://www.baobab-children-foundation.de/newsletter.html

Herzliche Grüße
Edith de Vos

Managing Director
Baobab Children Foundation/ Ghana
ghana@baobab-children.de
www.baobab-children-Foundation.de
Baobab Children Foundation, P.O. Box AD 534, Cape Coast, Ghana

Spendenkonto in Deutschland:
Baobab Children Foundation e.V.
Volksbank Freiburg
BLZ 680 900 00
Kto 17 23 80 00
IBAN: DE-86 680 900 000 017 238 000
BIC: GENODE61FR1

Spendenbescheinigungen werden ausgestellt

VIELE KLEINE LEUTE KÖNNEN DURCH VIELE
KLEINE SCHRITTE GROSSE DINGE BEWEGEN.

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